Immer wieder präsent bei Ernte und Einlagern – der Regenwurm. Darum bekommt er jetzt eine Würdigung, wobei die Kürze des Texts ihm gar nicht gerecht wird, denn seine Hilfe ist unschätzbar wichtig. Auch stellten wir uns selbst einige Fragen – darum hat Tanja für uns und euch ein bisschen Fachwissen recherchiert über den „Wuam“ – Kinder-O-Ton bei den Mitgärtnertagen 🙂
Regenwürmer gehören zu den Ringelwürmern (ringelartige Körpersegmente). Sie sind weltweit mit 3000, in Europa mit 500, in Mitteleuropa immerhin noch mit 50 Arten vertreten, wovon die Hälfte in Deutschland auf der roten Liste stehen. Der bei uns häufigste ist der Gemeine Regenwurm, auch Tauwurm genannt. Daneben gibt es aber auch den Rotwurm, den Kompostwurm, den grauen und weißen und bläulichen Regenwurm usw. Auch den smaragdgrünen sehr seltenen Alpenregenwurm. Die Würmer können bis zu 5 Jahre und älter und hierzulande bis zu 40cm lang werden. Exemplare in Australien erreichen sogar bis zu 3m Länge.
Der Regenwurm ist komplett an seine unterirdische Aktivität angepasst. Zum In-die-Erde-Bohren verwendet er das keilförmige und muskulöse Vorderende. Im Kopfbereich befindet sich auch die Mundöffnung, etwas dahinter die Geschlechtsorgane. Alle anderen Bereiche sind gleich aufgebaut. Das Nervensystem, die Blutgefäße und der Darm durchziehen den ganzen Körper. Geatmet wird über die Haut. Für den Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid über Diffusion ist eine gewisse Feuchtigkeit nötig. Aufgrund der Atmungsfunktion hat die Haut auch keinen Verdunstungs- oder Sonnenschutz.
Die Sinne vermögen auch viel: hell und dunkel sowie oben und unten unterscheiden, ausgiebig tasten, Erschütterungen wahrnehmen (Signal: Achtung Fressfeinde!). Auch starker Regen wird als Erschütterung, also Gefahr, wahrgenommen und treibt die Würmer oft an die Oberfläche, wo sie leider ebenfalls zur Beute werden. Zudem sollen Regenwürmer auch die Qualität der Nahrung unterscheiden können, z.B. süß vs. bitter. Und nix Scharfes bitteschön!
Zur Fortpflanzung dient die verdickte Stelle, der sogenannte Gürtel. Dort werden Sekretkokons gebildet, die Ei- und Samenzelle aufnehmen. Regenwürmer sind Zwitter. Bei der mehrstündigen Paarung liegen sie bäuchlings so aneinander, dass sich die Samentasche des einen und der Gürtel des anderen Wurms mittels Schleim verbinden. Ausgetauscht werden nur Samen. Nach der Trennung wandert von dem Gürtel ein Sekretring Richtung Kopf, nimmt dabei eine Eizelle auf und passiert dann die Samentasche, wird also befruchtet. Ist das Kopfende erreicht, werden die Enden verschlossen und der zitronenförmige Kokon abgelegt.
Wie eingangs erwähnt, sind Regenwürmer von großem Nutzen für uns. Nicht nur, dass sie helfen Bodenschädlinge zu dezimieren, weil sie Nematoden und Pilze verbreiten und die Ansiedlung von nützlichen Bodenbakterien fördern. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Bodenqualität, da sie für gute Belüftung, Drainage und Lockerung des Bodens und dessen krümelige Struktur sorgen, durch ihre Gänge feines Wurzelwachstum fördern, Mineralsalze pflanzenverfügbar machen, und Ton-Humuskomplexe produzieren. Somit begünstigen sie auch bedeutend den Nährstoffaustausch zwischen den Bodenschichten. Wir unterscheiden drei Grabearten: Würmer in der Streuschicht (aufliegende Schicht) bevorzugen Laub, Kompost, und Holz, das sie nachts unter die Erde ziehen und durch Mikroorganismen vorzersetzen lassen. Dann die flachgrabenden Würmer im Mineralboden/ Oberboden bis 40cm Tiefe, die sich im Wurzelbereich der Pflanzen bewegen, abgestorbene Wurzelteile verdauen und auch oberirdisch Häufchen hinterlassen. Zuletzt die tiefgrabenden Arten, die alle Bodenschichten mit senkrechten Wohnröhren durchziehen, durch die sie organisches Material von der Erdoberfläche transportieren. Der im Prinzip unersättliche Allesfresser ernährt sich je nach Bodenschicht etwas verschieden und frisst pro Tag ca. die Hälfte seines Eigengewichts.
Generell bevorzugt er abgestorbene Pflanzenreste mit Erde, denn die Sandkörner zermahlen die Nahrung im Muskelmagen und machen sie verdaulich. Die Regenwurmdichte auf einem extensiv bewirtschafteten Bio-Acker wird auf min. 120 -150 Exemplare pro m² geschätzt. Ein Hektar enthält 1-3 Millionen Regenwürmer, die zusammen ca. 1,4 Tonnen wiegen, was dem Gewicht zweier Kühe entspricht. Das ist mal Biomasse! Günstige Lebensbedingungen: feuchte meist lehmige Erde, pH-Wert 5,5-7,5, lockere Böden, viel pflanzliches Material an der Oberfläche, Fruchtfolge mit Gründüngung, reduzierte Bodenbearbeitung oder nur flach in der Trockenperiode (Würmer ziehen sich in tiefere Schichten zurück), oder gar keine Bearbeitung (unsere Kompostbeete!). Es ist günstig, Mist oder Kompost auszubringen (nicht zu scharf!), eine Laubschicht zu belassen, und Pflanzenschutzmittel zu meiden.
Wo steckt der Wurm eigentlich im Winter? In einer kleinen mit Schleim ausgekleideten Erdhöhle in frostfreien Bodenzonen verharrt er, bis die Temperaturen wieder zum „regen“ anregen. Am agilsten ist er bei 10-15°C, also im Frühling und im Herbst. Der Begriff des Regenwurms leitet sich übrigens keineswegs vom Regen ab, sondern eben von seinem „regen“ unermüdlichen Wesen.
Zum Abschluss die Frage aller Fragen: Kann ein geteilter Regenwurm weiterleben? Er kann, aber nur das Vorderteil mit den Organen und auch nur, wenn der Darm noch lang genug ist. Das Hinterende kann nachwachsen, ist aber nicht mehr so dick wie das Vorderende. Trotz dieser Regenerationsfähigkeit findet man solche Würmer nur selten, denn die Wunde infiziert sich leicht mit Pilzen oder Bakterien, was oft tödlich endet.
Und zum Schluss:
Der Wurm
Am Fuß von einem Aussichtsturm
saß ganz erstarrt ein langer Wurm.
Doch plötzlich kommt die Sonn´herfür,
erwärmt den Turm und auch das Tier.
Da fängt der Wurm an, sich zu regen,
und Regenwurm heißt er deswegen.
Gedicht von Heinz Erhardt