Ein Blick in unseren Boden

Der Boden ist ein Wimmeluniversum mit zahlreichen Prozessen wie Verwitterung, Verrottung, Umsetzung durch Mikroorganismen oder Nährstoffaustausch. Wir begehen ihn, wir nutzen ihn, aber verstehen und achten wir ihn auch? Bodenaufbau dauert. Wenn wir, je nach Tiefe, einen Blick hineinwerfen, begegnen wir so einigen Jahren Bodengeschichte.

Aus fachlicher Sicht sind wir als Gärtner natürlich an einem fruchtbaren Boden mit einer guten Humusauflage (biologisch aktivste Schicht, im Biotop 15 – 20 cm) interessiert. Auch möchten wir möglichst auf den Anbauzeitraum abgestimmte pflanzenverfügbare Nährstoffe bereitstellen, und dabei spielt eine Rolle, ob der Boden leicht, mittel, oder schwer ist. Im Biotop haben wir es nicht immer leicht mit einem mittlerem bis schweren Boden und der Zusammensetzung humoser toniger Lehm (getrocknet sehr brockig, da ist Jäten kein Vergnügen). Ein bestimmtes Bodengefüge, also die Zusammensetzung und Größe der Bodenteilchen im Verhältnis zum Porenvolumen, ist zudem Voraussetzung für einen guten Wasser-, Luft-, Wärme- und Nährstoffhaushalt, die Durchwurzelbarkeit und die Bearbeitbarkeit. Mit dem Erntegut entnehmen wir dem Boden jedes Jahr eine Menge und versuchen u.a. mit der Bodenanalyse, das richtige Maß an Stickstoff, Kalk oder Phosphor zu treffen. Darüber hinaus nutzen wir eine dünne Auflage Kompost, je nach Kultur Silage und Leguminosen für die Stickstoffbindung. Erosion versuchen wir durch stete Bedeckung des Bodens zu vermeiden.

Es gibt mehrere Möglichkeiten der Analyse. Die kostspieligste ist die chemische Bodenprobe, mit der wir fast jährlich Haupt- und Spurennährstoffe, den pH-Wert und den Humusgehalt untersuchen lassen. Dies ist eine gute Grundlage für unsere gesamte Nährstoffsituation.  Auch Gifte oder eine Schwermetallbelastung können nachgewiesen werden. Ablauf: zu einem günstigem Zeitpunkt, meist im Frühjahr oder Herbst wenn die Bodenaktivität noch nicht oder nicht mehr so hoch ist, ziehen wir mit einem Bohrstock los. Dies ist ein händisches Werkzeug von ca. 60cm Länge mit einer Bohrtiefe von 30cm, das innen hohl ist und so durch Drehung in den Boden bewegt wird, dass am Ende im Innern des Stocks ein Bohrkern in Form von „Erde“ gesammelt ist. Es werden meist im Zickzack über die einheitliche Fläche – im Biotop durch die rotierenden vielfältigen Kulturen gegeben – verteilt mehrere Proben genommen, jedoch nicht in Sonderbereichen wie Rändern, Wegen, oder direkt an der Pflanze. Die ersten 5cm werden verworfen, der Rest des im Bohrstock befindlichen Materials wird im Eimer gesammelt, gemischt und eventuell etwas zerkleinert. Alles sollte eine ähnliche Krümeligkeit aufweisen. Die Bodenprobe von 1,5kg wird bis zum zeitnahen Versand im Kühlen aufbewahrt, da sonst das Bodenleben zu aktiv ist und die Untersuchung verfälschte Werte liefert. Das Ergebnis erhalten wir nach einigen Wochen und können noch für die Saison und natürlich auch langfristig gedacht reagieren.

Unterstützend zur chemischen Bodenprobe kann die Spatenprobe mit Fingerprobe dienen: es wird ein ausreichend großer Ziegel abgestochen und begutachtet, zudem die Körnung und Feuchtigkeit mit der Hand festgestellt. Ob und wie die Bodenbestandteile an der Hand kleben bleiben lässt Rückschlüsse auf die Bodenart zu. Der Ziegel zeigt Strukturunterschiede an der Oberfläche und in der Tiefe, Sohlen (Verdichtung, Wasserstau), lässt sich durch Geruch und Farbe sowie durch das Wurzelwachstum interpretieren. Beinhaltet der Ziegel viele Regenwurmgänge und wie viele Würmer zählen wir? Sind in der Tiefe noch Pflanzenreste zu finden, die nicht verrotten? Sind die „Horizonte“ – Bodenschichten – gut abzugrenzen und wie ist ihre Dicke? Am Biotop-Acker trifft man in ca. 30 cm Tiefe auf Kies. Nach jeder Bodenbearbeitung und im Laufe des Jahres werden immer wieder so einige verschiedenste Gesteine an die Oberfläche befördert. Dies ist eine immer wiederkehrende Aufgabe für uns – Steine sammeln!

Weitere Hilfsmittel für die Bodenbeurteilung nach Augenschein sind zum Beispiel der Wuchs der Kulturen oder die Interpretation von Zeigerpflanzen. Da muss man sich schon auskennen. Eine einzelne Pflanze ist nicht aussagekräftig, es geht eher um Pflanzengesellschaften. Diese können Überschüsse, Mängel, Verdichtung oder Feuchtigkeitsverhältnisse anzeigen.

Etwas anders ist unser Vorgehen zur Bodenprobe im Gewächshaus: Hier messen wir vor Kulturbeginn (Sommerkulturen wie Tomate oder Paprika, lange Standzeit) den Stickstoffgehalt Nmin mit einem Nitratmesser. Er fungiert als „Schnelltest“. Wir können so den exakten aktuellen Stickstoffgehalt ermitteln. Dieser lässt sich aus den jährlichen Bodenproben nicht herauslesen, da er sich zu schnell verändert. Stickstoff ist der volatilste Hauptnährstoff und sehr sensibel. Diese Messung erlaubt daher eine sehr bedarfsgerechte Düngung.

Der Boden am Standort Lenggries ist vom Humusgehalt her über die Jahre stabil. Die Phosphor- und Kali-Gehalte waren anfangs recht niedrig. Durch flächige Nachdüngung und Kompostgaben konnten die Bodenvorräte aufgefüllt werden, und mittlerweile liegen die Werte in einem guten Bereich. Bodenproben sind – hat man die richtigen Kenntnisse und leitet die richtigen bodenverbessernden Maßnahmen ab – auch immer ein Bodenschutz!